Das Finanzierungskarussell
Der Unternehmer A plant, seine aktive Tätigkeit in den nächsten zehn Jahren einzustellen, nach dem Auszug der Kinder das viel zu große Eigenheim zu verkaufen und mit seiner Ehefrau in einer kleinen, nicht minder feinen, Stadtwohnung einen schönen und interessanten dritten Lebensabschnitt zu verbringen. München soll es werden, in der Nähe der Kinder. Schon heute halten beide sich öfter in dieser Stadt auf. Sie interessieren sich für eine schöne Wohnung in einem feinen Münchner Stadtteil, Kaufpreis € 1,2 Mio. Der Kaufpreis soll teilweise mit Kredit finanziert werden.
Das steuerliche Problem: Die Zinsen für den Kredit der Münchner Stadtwohnung sind steuerlich nicht abziehbar.
Stadtwohnung und München ade oder gibt es steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten?
Im Eigentum der Ehefrau des A steht u.a. seit vielen Jahren ein vermietetes Mehrfamilienhaus (MFH). Die Anschaffungskosten für das Gebäude haben in den 1960er-Jahren einmal DM 180.000 betragen. Die Ehefrau hat die Immobilie von ihren Eltern geerbt. Das MFH liegt im angesehensten Viertel der Stadt und hat inzwischen einen Wert von € 1,5 Mio.
Auch diese Situation ist steuerlich ungünstig: Die Abschreibungen für die Immobilie bemessen sich immer noch nach den ursprünglichen Anschaffungskosten für das Gebäude von DM 180.000 (rd. € 92.000). Mehr als 50 Jahre nach der Anschaffung sind keine Abschreibungen mehr übrig.
Für die zwei steuerlichen Probleme gibt es eine Lösung: Das sog. Finanzierungskarussell.
Und so funktioniert das Finanzierungskarussell: Die Ehefrau verkauft das MFH zum Marktpreis (€ 1,5 Mio.) an den Ehemann. Dieser finanziert den Kaufpreis für das MFH teilweise mit Kredit. Die Ehefrau kauft die Stadtwohnung in München mit dem erhaltenen Kaufpreis für das MFH.
Das Ergebnis der „Karussellfahrt“: Der Gewinn aus der Veräußerung des MFH unterliegt nicht der Einkommensteuer. Grunderwerbsteuer aus dem Grundstückskauf fällt nicht an. Die Schuldzinsen sind steuerlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Und was noch viel schöner ist: Die Abschreibungen werden jetzt von dem aktuellen sehr viel höheren Gebäudewert vorgenommen und wirken sich unmittelbar steuermindernd aus, ohne die Liquidität zu belasten. Das Abschreibungspotential des MFH wurde gehoben, ohne dass es Steuern gekostet hat – ein lupenreiner steuerfreier „Step-up“.
(StB Dipl.-Kfm. Dipl.-Finanzw. (FH) Reinhard J. Gerhardy, LL.M.)